Meine grössten Fehler…

…oder etwa doch nicht?

Auf dem Weg zu meinem gestrigen Zahnarzttermin habe ich zufällig vernommen, dass Tag des Fehlers ist. Nach meinem ersten Gedanken „Für was es heute so alles einen eigenen Tag gibt…“ drängte sich bei mir die Frage auf, was denn unter einem Fehler so allgemein eigentlich verstanden wird und fand dank Wikipedia auch sogleich eine Antwort auf diese Frage. Doch viel interessanter war für mich herauszufinden, was ich in meinem Leben als Fehler betrachte. Und so ging das Grübeln gleich los…

Mein erstes Karriereziel?

Aufgrund meiner persönlichen Erfahrung als Scheidungskind hatte ich schon immer das Ziel, eine eigene Anwaltskanzlei aufzubauen. Denn das Scheidungsurteil meiner Eltern empfand ich angesichts der Zuteilung der elterlichen Sorge (Vater statt Mutter) und dem minimalen Besuchsrecht (1. und 3. Wochenende pro Monat von Sa 14.00 – So 18.00) als wenig nachvollziehbar und deshalb auch ziemlich ungerecht. Aber meine Meinung hatte für den damaligen Richter wenig bis gar kein Gewicht. Deshalb kam in mir sehr schnell das Gefühl auf, dass ich etwas mehr Gerechtigkeit in diese Welt bringen wollte, indem ich mich als Scheidungsanwältin für die Rechte der Kinder in einer Scheidung stark machen würde.

Nach meinem rechtswissenschaftlichen Studium hatte ich jedoch schnell gemerkt, dass diese Tätigkeit sehr problemorientiert ist. Wie Sie sich vorstellen können, ist das für einen lösungsorientierten Menschen wie mich ziemlich frustrierend…

Zu diesem Zeitpunkt hätte ich es als Fehler ansehen können, dass ich so viel Zeit und Energie in die vermeintlich falsche Ausbildung investiert hatte. Denn hätte ich stattdessen von Anfang an einen anderen Weg eingeschlagen, hätte ich noch schneller Erfüllung gefunden als auf diesem scheinbaren Umweg. Aus der heutigen Perspektive muss ich jedoch sagen, dass mein juristisches Studium nicht nur eine gute Grundausbildung war, sondern auch Bestandteil meines heutigen USP ist: Das Entwickeln von digitalen und rechtskonformen Marketingstrategien in Personalunion.

Meine erste Verlobung

Anfangs 20 hatte ich mich mit einem Mann verlobt, der mir gegenüber während der ersten zwei Jahre unserer Beziehung regelmässig gewalttätig wurde. Und dies, obwohl ich vor dieser Beziehung der Meinung war, dass mich ein Mann genau ein einziges Mal schlagen würde und ich dann weg wäre.

Der Fehler war aus damaliger Sicht ein offensichtlicher: Weiter in einer von Gewalt geprägten Beziehung zu bleiben. Denn sowohl physische und psychische Gewalt sind absolut inakzeptable. Aber dieser Fehler zeigte mir auch, dass ich ein Selbstwertproblem hatte, dem ich mich annehmen durfte. Insofern ist auch in diesem Fall Einsicht der erste Schritt zur Besserung und hat mich dieser «Fehler» persönlich ziemlich weitergebracht. Und: Dank diesem Mann gibt es nun eine Stimme mehr, welche dieses Tabuthema in der Öffentlichkeit bricht.

Mehrere Startups zu gründen

Mein Drang nach positiver Veränderung in dieser Welt und persönlichem Wachstum haben mich dazu veranlasst mit verschiedenen Startups unternehmerisch aktiv zu werden. Und obwohl ich mit einem meiner Startups einen ziemlich grossen finanziellen Verlust erlitten hatte, erachte ich auch diesen Entscheid als keinen Fehler. Denn auch wenn ich viel Zeit und Energie in eine Geschäftsidee investiert habe, die schlussendlich gescheitert ist, konnte ich dadurch unbezahlbare Lebenserfahrung sammeln.

Den falschen Mann zu heiraten

Wie sagt man so schön? In guten wie auch in schlechten Zeiten. Für die Beziehung mit meinem Noch-Ehemann galt leider nur der erste Teil dieses vielsprechenden Satzes. Auch wenn wir bereits vor der Ehe keine „perfekte“ Beziehung geführt haben, so glaubte ich zumindest bei der Eheschliessung, dass wir gute Voraussetzungen für eine glückliche Familie haben würden. Aber einen Menschen lernt man eben erst wirklich kennen, wenn die Sonne aufhört zu scheinen. Und so stand ich dann mit der Schwangerschaft beginnenden Erkrankung ziemlich schnell allein im Regen. War die Heirat und die Gründung einer Familie mit diesem Mann deshalb nun ein Fehler? Nein. Denn daraus ist eine wunderbare und gesunde Tochter hervorgegangen. 😊

Vielleicht sind Sie nun ebenso erstaunt darüber, wie ich, was der Tag des Fehlers bewirken kann. Denn obwohl ich die Idee zu Beginn etwas sonderbar fand, so bin ich positiv überrascht, wie viele schöne Erkenntnisse der Tag des Fehlers so hervorbringen kann.